Wiesen sind ein Lebensraum, der seit Jahrtausenden von Menschen geschaffen und erhalten wird. Nur sehr wenige Wiesen sind natürlich entstanden, meist auf Standorten, an denen weder Bäume noch Sträucher überleben können. Daher sind fast alle Wiesen und damit auch die Pflanzen und Tiere, die dort leben, auf die Pflege und Nutzung durch den Menschen angewiesen. Wiesen werden zur Erzeugung von Heu oder Silage gemäht, Anzahl und Zeitpunkte der Mahdt begünstigen unterschiedliche Pflanzenarten.
Darin unterscheiden sie sich von den Weiden. Denn Weiden werden über längere Zeiträume durch Tiere wie Rinder, Schafe und Pferde abgegrast, wodurch nur daran angepasste Pflanzenarten überleben können. In der Regel sind dies Gräser sowie schnellwachsende oder ungenießbare Kräuter. Wiese und Weide werden zusammengefasst als Grünland bezeichnet.
Wenn wir Wiesen pflegen oder neu anlegen wollen, müssen wir daher wissen, welche Typen von Wiesen es gibt und welchen Einfluss der Standort, also die Lage, der Boden und das Regionalklima auf sie haben. Denn jede Form von Wiese besitzt ihre eigene Artenzusammensetzung. Wollen wir zum Beispiel eine Blumenwiese in unserem Garten oder einer anderen Fläche anlegen, können wir nur mit Arten langfristig Erfolg haben, die standortgerecht sind.
So enthalten Saatmischungen häufig dutzende Blumenarten, von denen viele aber auf der jeweiligen Fläche nicht so gut klarkommen wie andere. Nach einigen Jahren werden diese also verdrängt, weshalb zumeist nur ein kleiner Teil der gesähten Blumen überleben. Um derartige Enttäuschungen zu vermeiden, möchten wir hier die wichtigsten Wiesentypen und ihre Charakteristika vorstellen.
Noch bis Mitte des 20. Jahhunderts wurden viele Wiesen im Vergleich zu heute eher extensiv genutzt. Es wurde selten mehr als zweimal im Jahr gemäht, Überdungung war aufgrund der an die Flächengröße angepassten Viehbestände kaum ein Problem. Äcker wurden zwar schon lange maschinell bearbeitet, doch waren sie kleinteiliger und mit verschiedenen Früchten bestellt, und breite Feldreine an Wegrändern waren keine Seltenheit. Somit konnten auch Blumen auf den Wiesen und Feldern gedeihen, Insekten hatten genug Zeit für ihre Entwicklung, und die unterschiedliche Nutzung von Weiden, Heu- und Streuwiesen bot verschiedensten Arten Lebensräume. Erst die Intensivierung seit den 1950er-Jahren sorgt für den massiven Artenverlust.
Fangen wir mit den Wiesen an, die für die Natur den wenigsten Nutzen haben: Intensiv genutzte Fettwiesen, die häufig kombiniert auch als Weide genutzt werden, bieten durch Überdüngung mit Gülle und sehr häufige Mahden (bis zu 6 mal pro Jahr) beziehungsweise die Beweidung mit sehr vielen Tieren kaum Raum für Artenvielfalt. Pestizide tun ihr Übriges. Blumen haben hier nicht genug Zeit, um bis zur Blüte, geschweige denn zur Samenreife zu kommen. Nur robuste Gräser und zähe Pflanzen wie Löwenzahn und Sauerampfer können hier überleben, in der Regel sind es 10-20 Arten. Besonders schlimm ist die Einsaat von Weidegras (Lolium) nach Einsatz von Totalherbiziden (z.B. Glyphosat). Hierdurch wird eine Wiese zur Gras-Monokultur. Durch die industrialisierte Landwirtschaft sind solche artenarmen Flächen sehr verbreitet. Die meisten Tiere finden dadurch ebenfalls keinen Lebensraum mehr. So gut wie keine Insekten, nur genügsame Mäuse und auf deren Jagd spezialisierte Vögel wie Mäusebussard und Rotmilan können hier noch leben.
Bei Blumenwiesen handelt es sich zumeist um Extensivgrünland und daher um das Gegenstück zum Intensivgrünland. Als Blumenwiesen werden artenreiche Wiesen bezeichnet, auf denen viele Blumen gedeihen. Durch die traditionelle Nutzung in den vergangenen Jahrhunderten sind sie unbeabsichtigt entstanden und waren weit verbreitet, weil die Flächen bei weitem nicht so intensiv genutzt wurden. Es wurde seltener und von Hand gemäht. Blühende Kräuter hatten daher ausreichend Zeit, sich zu entwickeln und zu vermehren. Heute sind solche Wiesen selten geworden, es gibt sie nur noch auf ertragsarmen und schwer zu bewirtschaftenden Standorten, oder sie werden durch gezielte Maßnahmen im Sinne des Naturschutzes angelegt und gepflegt.
Häufig werden Blumenwiesen auch zu ästhetischen Zwecken in Gärten oder Parks genutzt, die verwendeten Arten in den "Blumenwiesen"-Mischungen enthalten jedoch sehr oft Zuchtformen und einjährige Acker-Arten, die nicht typisch sind für traditionelle, standortgerechte Wiesen.
Auf besonders nährstoffarmen, "mageren" Standorten wächst nur spärlich Gras, dafür gedeihen an die schwierigen Bedingungen angepasste Kräuter und Halbsträucher, die auf anderen Standorten der Konkurenzkraft dortiger Pflanzen unterlegen wären. Magerwiesen (auch Magerrasen und Magerweiden) kommen vor allem auf kalkreichen oder sandigen Böden vor, aber auch auf sehr flachgründigen oder schotterigen Böden mit anstehendem Fels. Die meisten Magerwiesen sind daher auch sehr trocken. Magerwiesen finden sich vor allem in Gebirgen, im Flachland entstanden sie zumeist durch starke Übernutzung. Magerwiesen werden extensiv genutzt, also nur ein- bis zweimal im Jahr gemäht oder mit Schafen und Ziegen beweidet. Durch die Aufgabe vieler Wanderschäfereien und die künstliche Düngung und Intensivierung sind Magerwiesen selten geworden und die letzten Bestände daher oft geschützt.
Im Gegensatz zum Intensivgrünland können traditionelle, also eher extensiv genutzte, von Natur aus nährstoffreiche Wiesen vielen Pflanzenarten Lebensraum bieten. Wie viele Arten vorkommen, hängt maßgeblich von der Intensität der Nutzung ab. Keine oder nur geringfügige Düngung sowie nur zwei bis drei Mahdten pro Jahr lassen einen Reichtum von bis zu 40 Arten zu. Typisch ist die einheitliche Färbung der Blüten, die je nach Jahreszeit wechselt. Verantwortlich dafür ist das massenhafte Auftreten von z.B. Löwenzahn und Hahnenfuß (gelb) oder Wiesenkerbel und Wiesen-Bärenklau (weiß). Je nach Ort, Nährstoffversorgung und Mahdzeitpunkten können Fettwiesen aber auch sehr bunt blühen. Fettwiesen können durch Bewirtschaftung aus mageren Flächen entstehen, aber auch ohne Düngung , z.B. in feuchten Tallagen. Daher sind auch die Feuchtwiesen, auf denen sogar einige seltene Arten vorkommen können, zumeist Fettwiesen.
Auf trockenen und nährstoffarmen Böden können nur sehr genügsame Kraut- und Halbstrauchpflanzen gedeihen. Diese sind an die Bedingungen angepasst und würden auf anderen Standorten von schnellwüchsigeren Pflanzen verdrängt werden. Häufig kommen Steppen- und Hochgebirgsarten und Orchideen vor. In Hanglagen besitzen Trockenrasen zumeist sehr flachgründige Bödenmit durchlässigem Untergrund und sind oft sonnenexponiert. Im Flachland sind Trockenrasen nur auf sandig-kiesigem Untergrund anzutreffen
Feucht- und Nasswiesen sind, wie der Name bereits verrät, durch einen dauerhaft oder zumindest überwiegend feuchten Boden geprägt. Sie liegen meistens in Auen und den unteren Hanglagen. In den meisten Fällen sind Feuchtwiesen zugleich nährstoffreich, weil die Nährstoffe aus den oberen Hangbereichen oder von talaufwärts mit dem Grundwasser oder dem Fließgewässer eingetragen werden. Typisch ist der sehr hohe Pflanzenbestand, weil immer ausreichen Wasser und Nährstoffe zur Verfügung stehen. Mädesüß, Gilbweiderich, Blutweiderich und Seggen sind klassische Bewohner dieses Lebensraums. Auf speziellen Standorten können aber auch Seltenheiten wie Wollgras oder Orchideen gedeihen.
Typisch für Obstwiesen, zumeist als Streuobstwiesen bezeichnet, ist die Nutzung sowohl der Bäume als auch der Fläche darunter. So kann die Wiese für Beweidung oder Mahd genutzt und das Obst der Bäume im Spätsommer und Herbst geerntet werden. Streuobstwiesen gelten aufgrund ihres Strukturreichtums als besonders wertvolle Lebensräume. Einerseits bieten die Obstbäume durch ihre Blüten im Frühjahr und dem Obst im Herbst viel Nahrung für verschiedenste Tiere, zugleich bilden Höhlen in Altbäumen, das Kronendach und der schattige Bereich um die Bäume wichtige Brut- und Lebensräume. Auf der anderen Seite kann wegen der großen Abstände zwischen den Bäumen eine artenreiche Krautschicht gedeihen, die je nach Beschattungsgrad der Bäume unterschiedliche Arten hervorbringt. Hinzu kommen Totholz, Asthaufen, kleinere Gehölze, Hecken und gelegentlich auch Gewässer. Zudem spielt die Bewirtschaftung eine wichtige Rolle, insbesondere eine extensive Beweidung mit Rindern oder Schafen begünstigt eine artenreiche Flora. So lassen sich zwischen 3000 und 5000 Tier- und Pflanzenarten auf Obstwiesen nachweisen. Viele Arten wie Grünspecht, Steinkauz, Wendehals, verschiedene Bienen- und andere Insektenarten benötigen Obstwiesen als Brut- und Lebensraum.