Mit der immer weiter zunehmenden Industrialisierung der Landwirtschaft, bei der aus jedem Quadratmeter das Maximum an Ertrag geholt werden muss, wichen Blumenwiesen Monukulturen aus Weidegras, Felder wurden zusammengelegt, Hecken verschwanden und gepflügt wird nun bis an die Wegkante. Überdüngung aufgrund riesiger Viehbestände und der ausartende Pestiziteinsatz taten ihr übriges.
Hinzu kommt die immer schneller voranschreitende Bebauung durch Siedlungen, Gewerbeparks und Straßen. Der Flächenfraß zerstört wertvollen Lebensraum unwiederbringlich.
Selbst in den Gärten verschwand die einstige Vielfalt. Obstbäume und Wildblumen machen schließlich Dreck und Arbeit, und so wichen sie eintönigen Rasenflächen, Schotterwüsten und Kirschlorbeerhecken.
Nachfolgend bieten wir Ihnen Tipps, mit denen Sie Ihren Garten (wieder) in ein Paradies für Insekten verwandeln können.
- Ein Hinweis im Voraus: Nicht frustriert sein!
- Vom Rasen zur Blumenwiese
- Beet statt Wiese
- Natur auf Balkon und Fensterbank
- Wildblumenmatten
- Das Inselkonzept
- Für Sparfüchse: Seltener Mähen
- Noch einfacher: Nichtstun
- Zum Thema Unkraut
Jede Art, sowohl Tier als auch Pflanze, hat ihre eigenen Bedürfnisse. So hat sie sich im Laufe der Jahrmillionen an bestimmte Lebensräume angepasst, in denen sie besser als die Konkurenz zurechtkommt und damit ihr Überleben sichert. In einem bestimmten Lebensraum kommen daher auch nur die Arten vor, die dort mit den Bedingungen und den Nachbarn zurechtkommen.
Dies gilt es bei der Anlage und Pflege der Blühflächen zu beachten. Wenn Sie also eine kleine Blumenwiese in Ihrem Garten anlegen wollen, müssen Sie zunächst die richtige Blumenmischung für den Standort finden. Dafür sind Eigenschaften des Bodens, Lichtverhältnisse, Hanglage, Temperatur und Niederschlagsmengen wichtig. Viele Saatmischungen sind an bestimmte Standorte angepasst, enthalten aber jeweils eine große Auswahl an Blumenarten. Sie sollten zudem stets auf regionales Saatgut achten, weil hierin einerseits nur natürlich vorkommende Arten enthalten sind und andererseits die Samen auch direkt in den jeweiligen Regionen geerntet werden, sodass die genetische Vielfalt erhalten bleibt und kein "Einheitsbrei" durch Vermischung verschiedener Herkünfte entsteht.
Wenn Sie die richtige Mischung gewählt und im Frühjahr eingesäht haben, wird Ihr Garten im Sommer bunt erblühen. Die verblühten Pflanzen im Herbst jedoch nicht abmähen! Die Samen sind oft noch daran und in den Pflanzenstängeln überwintern einige Insekten. Erst im folgenden Frühling können die alten Pflanzenreste z.B. mit einem Rechen entfernt und an die Seite gelegt werden.
Und jetzt Achtung: Nicht frustriert sein! Es kommen wahrscheinlich nicht alle Blumen wieder. Im dritten Jahr können es noch ein paar weniger sein. Mit der Zeit pendelt sich nähmlich ein ökologisches Gleichgewicht ein: Es überstehen nur die Arten, die an den Standort angepasst sind. Die Wiese ist dann möglicherweise weniger bunt, entspricht jedoch dem natürlichen Vorkommen. Falls so gut wie keine Blumen bleiben, haben Sie möglicherweise eine falsche Mischung gewählt. Eventuell müssen Sie alle paar Jahre neu einsähen.
Ganz ohne Pflege wird es nicht gehen. Von Natur aus ist Deutschland überwiegend bewaldet, und die Natur strebt diesen Zustand gewissermaßen an. Dieser Prozess wir Sukzession genannt. Wo heute Wiese ist, kommen in den nächsten Jahren zunächst Brombeeren, dann Sträucher und schließlich Pionierbaumarten hoch. Dadurch geht einerseits die Vielfalt verloren, andererseits wollen wir keinen Wald in unserem Vorgarten. Deshalb müssen unerwünschte Pflanzen, die die Blumen verdrängen, entfernt werden.
Ein NABU Mitglied stellte 2018 seinen Vorgarten in Troisdorf zur Verfügung, um den bisherigen Rasen in eine Blumenwiese zu verwandeln. Einen großen Teil der Arbeiten hat er in Eigenleistung erbracht, erhielt jedoch viel Unterstützung von den Kollegen seiner Kreisgruppe. Das Experiment zeigt, wie schnell eine solche Verwandlung vonstatten gehen kann, und dass das Ergebnis bei Nachbarn und Bekannten sehr gut ankommt, ja sogar zur Nachahmung anregt. Natürlich ist der Versuch damit noch nicht beendet, wir werden in den nächsten Jahren die weitere Entwicklung der Blumenwiese beobachten: Welche Blumen kommen wieder? Wird es Probleme mit "Unkräutern" geben? Wie entwickelt sich die Insektenvielfalt? Selbstverständlich werden wir darüber laufend berichten.
Hier nun die Arbeitsschritte, die notwendig waren:
Die Grasnarbe muss entfernt werden. Bei größeren Flächen erleichtert eine Rasenschälmaschine die Arbeit ungemein, die man im Mietservice bei Werkzeugvermietern bekommen kann. Nachstehend ein Foto nach dem Einsatz der Rasenschälmaschine mit Entfernung der Grasnarbe von Hand.
Nach Entfernung der Grasnarbe muss der Boden tiefgründig durchgepflügt werden. Das geschieht am zweckmäßigsten mit einer Motoregge.
Auf dem zweiten Foto sieht man drei Arbeitsschritte:
Links wurde nach dem Pflügen bereits Sand aufgebracht zur Abmagerung des Lehmbodens. Eine Abmagerung des Lehmbodens mit Sand ist erforderlich, um überhaupt Wildstauden anpflanzen zu können.
In der Mitte sieht man den gepflügten Lehmboden.
Rechts sieht man die Rasenfläche nach Entfernung der Grasnarbe.
Zur Abmagerung des verdichteten Lehmbodens wurden auf der Rasenfläche von ca. 100 qm eine Sandmenge von 8 Tonnen Sand in den Boden mit der Benzinmotoregge eingearbeitet.
Danach wurden nochmals 4 Tonnen Sand auf der Oberfläche verteilt und ca. 140 Stauden eingepflanzt. Zum Teil wurden Lavendel und Schmetterlingsflieder in Gartenfachbetrieben erworben.
Nachdem die Stauden eingepflanzt waren, wurde die Aussaat von Samenmischungen aus dem Fachhandel in den Boden eingebracht. Es wurden verschiedene Samenmischungen ausgesät. Zum einen der wärmeliebende Saum und die Feldblumenmischung von der Firma Rieger-Hofmann. Der wärmeliebende Saum zeichnet sich durch eine hohe Artenvielfalt am sonnigen Standort aus. Die Feldblumenmischung führt zu einer schnellen Blüte mit einjähriger Ackerbegleitflora. Zusätzlich wurde Klatschmohn und langblättriger Ehrenpreis von der Loki-Schmidt-Stiftung eingesät.
Auch wurde im Schattenbereich eine standortgerechte spezielle Samenmischung der Wildstaudengärtnerei Strickler aus Alzey eingesäat, da die sonstigen Saatgutmischungen i.d.R. zu viele Gräser enthalten. Diese sind aber oftmals zu konkurrenzstark, so dass die Blumen verdrängt werden und dadurch die Blütenvielfalt leidet.
Schon wenige Wochen nach Fertigstellen der Arbeiten keimten die ersten Pflänzchen. Es dauerte nicht lange, und die neue Blumenwiese erstrahlte in voller Pracht. Auch Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und Käfer fielen sogleich über den reich gedeckten Tisch her. Wo wenige Monate zuvor noch eintöniger Rasen war, herrschte nun geschäftiges Treiben. Ein Anblick, der die Arbeit mehr als entlohnt!
Eine Liste der verwendeten Stauden finden Sie übrigens hier.
Wer nicht gleich große Flächen umwandeln möchte oder den Platz dafür nicht hat, kann natürlich auch kleinere Wildblumenbeete anlegen. Hierfür eignen sich sowohl Stauden wie auch die Einsaat einer Wildblumenmischung. In Beeten kann man mit Stauden jedoch besser gestalten. So ist eine dauerhaft und zugleich wechselnde Komposition verschiedenster Farben möglich, die jedes Jahr aufs neue den Garten verschönert.
Zur Gestaltung von Wildstaudenbeeten gibt es einige Literatur, siehe dazu auch unsere Literaturtipps.
Keinen eigenen Garten zu haben, muss keine Ausrede sein. Wer einen Balkon zur Verfügung hat, kann auch in Blumenkübeln Wildstauden anpflanzen oder kleine Tüten mit Saatmischungen sähen. Auch auf Fensterbänken können statt Geranien Wildblumen für Insekten gedeihen. Diese Mini-Paradiese können mit robusten Wildpflanzen mindestens so schön aussehen wie mit den nutzlosen Züchtungen. Jede Blühte zählt!
Wildblumenmatten sind Fliesmatten, in die junge Pflanzen von Wildblumen eingenäht sind. Wildblumenmatten ergeben einen ganz dichten Bewuchs mit Wildblumen an dieser Stelle. Die einzelnen Blumen werden zwischen 30 cm und 120 cm hoch. Es gibt sie für Sonne, Schatten, Halbschatten. Sogar auch extra für Bienen und Schmetterlinge. Der Flies verhindert, das Gras oder anderes Unkraut durchwächst. Praktisch ist auch, dass man keine Grasnarbe abheben muss, sondern sie einfach auf die entsprechende Stelle legen kann. Der Zwischenraum zwischen den Pflanzen wird mit etwas Sand belegt, dann muss die Stelle sechs Wochen feucht gehalten werden, bis die Wurzeln die Pflanze selbst versorgen können.
Weitere Informationen und Bezugsmöglichkeit hier
Sie würden gerne mehrere hundert Quadratmeter oder gleich einen halben Hektar in eine Blumenwiese verwandeln? Ohne schwere Maschinen kaum machbar - oder?
Das Inselkonzept bietet hier eine Möglichkeit, mit relativ wenig Aufwand große Flächen zum Blühen zu bringen. Besonders interessant ist es auch dort, wo bestehende Wiesen ohne Blumen bunter werden sollen, ohne alles umzupflügen. Schließlich stellt solch ein Radikalumbau auch einen starken Eingriff in den bisherigen Lebensraum dar.
Wie der Name vielleicht schon vermuten lässt, werden beim Inselkonzept mehrere kleine Blühflächen auf der Wiese verteilt. Diese werden nach dem üblichen Schema angelegt: Grasnarbe entfernen, Boden lockern, einsähen. Beim Mähen werden diese Flächen natürlich ausgespart, ansonsten ist die Pflege sehr einfach. Über die Jahre breiten sich die Blumen auf der Wiese aus, sodass die Mahd daran angepasst werden muss. Letztlich wird die Wiese nicht mehr nach Höhe des Grases gemäht, sondern z.B. nur noch einmal im Mai/Juni und ein weites Mal Ende August/Anfang September. Da die Blühinseln mit der restlichen Wiese verschmelzen, werden auch diese dann mit gemäht oder an wechselnden Stellen belassen. Wie bei anderen Blumeneinsaaten gilt auch hier: Nicht alle Blumenarten, die gesäht wurden, bleiben, sondern nur diejenigen, die an den Standort angepasst sind.
Wer auf seinem Rasen etwas mehr Blumen haben möchte, dabei aber wenig Arbeit und Geld investieren möchte und vielleicht doch einen "ordentlichen" Vorgarten liebt, kann einfach seltener mähen. Einige Pflanzen sind an häufiges Abfressen und Mähen angepasst, so z.B. Weiß-Klee, Gänseblümchen, Gundermann, Günsel und Löwenzahn. Auch kommen diese Pflanzen mit reichlich Nährstoffen zurecht.
Wer zudem seinen Rasen bisher nie gedüngt hat und stets das Schnittmaterial entfernt, erreicht auch so über die Jahre eine Ausmagerung des Bodens. Das kann wiederum Pflanzen fördern, die z.B. auf speziellen Magerrasen gedeihen. Alle diese Pflanzen kommen aber erst zur Blühte, wenn nur alle 3-4 Wochen gemäht wird und ab und an auch größere Pausen eingelegt werden, wenn der Graswuchs es zulässt. Denn zu hohes Gras mögen sie wiederum auch nicht. Mit der Zeit werden diese Blumen wahrscheinlich von selbst kommen, wer es schneller haben möchte kann natürlich auch Samen von Gänseblümchen, Klee usw. aussähen. Wenn vereinzelt mal eine größere Blume oder Staude aufkommt, einfach drum herum mähen.
Und für alle, die zwar selbst wenig auf einen Rasen halten, aber ihn als representatives Element ihres Hausgartens vorzeigen möchten: Einfach den Mähtermin kurz vor den angekündigten Familienbesuch setzen!
Naja, Nichtstun wäre wohl zuviel des Guten. Worauf wir hinaus wollen: Wer bereits in einer Umgebung wohnt, in der Wildblumen vorkommen, und wenig investieren möchte, kann den vorangegangenen Tipp ins Extreme treiben. Wildblumen verteilen ihre Samen oft über größere Entfernungen, sodass es nicht unwahrscheinlich ist, dass diese dann auch in Ihrem Garten vorkommen. Beschrängt man die Mahd zumindest auf einigen Flächen auf ein bis drei mal im Jahr, oder entfernt sogar nur die trockenen Reste im Frühling, werden mit der Zeit mehr und mehr Blumen Einzug halten. Der Vorteil: Diese Arten sind bereits an den Standort angepasst, Sie brauchen also keine arbeits- und kostenintensiven Maßnahmen wie bei der erstgenannten Variante. Auch müssen Sie sich wenig Sorgen über den Fortbestand der Blumen machen. Es ist lediglich darauf zu achten, dass zu dominante Arten wie Brennnesseln, Acker-Kratzdisteln oder Brombeeren nicht Überhand nehmen. So stellen sich dann je nach Standort überwiegend Allerweltsarten ein, wie Johanniskraut, Hahnenfuß, Rot-Klee, Weiß-Klee, Günsel, Gundermann, Beinwell, Wiesen-Bärenklau, Giersch, Lichtnelken, Wilde Möhre, Wegwarte, Schafgarbe, Löwenzahn, Blutweiderich, Wiesen-Schaumkraut, Weidenröschen, Gewöhnliche Kratzdistel und viele weitere. Wer diesen Prozess beschleunigen möchte, kann natürlich in der Umgebung Samen sammeln und im Garten ausbringen, oder vereinzelt mal robuste Stauden hinzu pflanzen. Mit etwas Glück wachsen sogar seltenere Arten. Schön anzusehen sind diese Blumen allemal, und meistens ist immer irgendwas am blühen.
In den meisten innerstädischen Bereichen wird man allerdings aufgrund des Mangels natürlich vorkommener Samen mehr Aufwand betreiben müssen.
Bei der Frage, was Unkraut ist und was nicht, scheiden sich die Geister. Selbst Gräser können zum Unkraut werden, wenn sie in unseren Blumenwiesen die Blumen verdrängen. Brennnesseln z.B. können durchaus nerven, insbesondere wenn sie in Wegnähe und an Beeten stehen oder Überhand nehmen. Zugleich sind sie unverzichtbar für die Vorkommen vieler Tierarten. So entwickeln sich z.B. die Raupen von Admiral und Kleinem Fuchs an ihnen. Hahnenfuß und Giersch macht sich gern in Beeten breit, ihre Blüten werden aber von vielerlei Insekten aufgesucht. Somit sollte man zumindest in Bereichen, wo sie nicht stören, einige dieser "Unkräuter" erhalten. Schließlich sind auch sie ein Teil der Vielfalt der Natur.