Das Insektenhotel

Vorbildliches Insektenhotel, gefüllt mit Bambus- und Schilfröhren, in Holz und Stein gebohrte Löcher sowie Stroh. (Foto: Carl-Peter Blumenthal)
Vorbildliches Insektenhotel, gefüllt mit Bambus- und Schilfröhren, in Holz und Stein gebohrte Löcher sowie Stroh. (Foto: Carl-Peter Blumenthal)

In der durch Menschen beeinflussten Landschaft fehlt es Insekten nicht nur an Nahrung, sondern auch an Nistmöglichkeiten. Viele Insekten benötigen altes Holz mit Fraßgängen, hohle Pflanzenstängel, Löcher in Felswänden und Böschungen. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich viele Arten bereits an die Nähe zum Menschen angepasst, sodass sie auch künstliche Lebensräume wie Natursteinmauern, Lehmgefache von Fachwerkhäusern und anderes nutzen. Doch selbst diese Möglichkeiten werden ihnen durch moderne Materialien wie Betonfassaden oder makellose und naturferne Garten- und Landschaftsgestaltung genommen. Insbesondere Wildbienen und andere Bestäuber haben es aufgrund der Kombination von fehlendem Nahrungsangebot und mangelnden Nistmöglichkeiten zunehmend schwer.

Aus diesem Grund werden Insektenhotels heute immer wichtiger für den Erhalt der Artenvielfalt. Zudem bieten sie eine wunderbare Möglichkeit, die Insekten bei ihrem Brutgeschäft zu beobachten und eine neue Wertschätzung für die kleinen Tiere zu entwickeln, ohne die auch der Mensch nicht überleben könnte.

Konstruktion

Für ein Insektenhotel braucht man im Grunde nur einen stabilen Rahmen (am besten mit Rückwand) und passendes Füllmaterial. Den Rahmen kann man in beliebiger Größe und Form aus Holz selber bauen, oder dafür z.B. alte Holzkisten, Schubladen und ähnliches nutzen. Online und in vielerlei Büchern gibt es verschiedene Anleitungen, mit etwas handwerklichem Geschick ist der Bau recht einfach. Folgende Punkte sollten dabei beachtet werden:

  • Das Holz sollte zumindest im inneren Bereich unbehandelt bleiben, zum Anstrich der außenliegenden Holzteile sollten unbedenkliche Mittel genutzt werden, z.B. Leinölfirnis. Wichtig ist hier der konstruktive Holzschutz, denn bei einer wetterfesten Konstruktion mit überstehendem Dach kann auf Chemie verzichtet werden. Ein Vordach sollte zudem das Nistmaterial vor Nässe schützen.
  • Die Tiefe des Hotels sollte 8-12 cm betragen, sodass die Niströhren eine ausreichende Tiefe besitzen.
  • Am besten ist ein windgeschützter, sonniger Platz. Sehr gut eignen sich Hauswände.
  • Die Vorderseite des Hotels sollte nach Süden ausgerichtet sein, damit die Brut möglichst viel Wärme nutzen kann.
  • Zum Schutz vor Vögeln, die Insektenhotels gerne plündern, sollte an der Vorderseite ein grobmaschiges Drahtgitter mit etwas Abstand zum Nistmaterial angebracht werden. Dieses hält die Spechte & Co. davon ab, die Insektenbrut zu fressen und dabei das Nistmaterial zu zerstören.

Bei der Gestaltung gibt es trotz dieser Regeln viele Möglichkeiten. Ob schlicht oder verspielt und bunt, ob mit moderner Optik oder rustikal aus Naturmaterial, ob klein oder riesig: Für jeden Geschmack ist sicher was drin.

Material

NABU-Insektenhotel auf Burg Blankenberg. (Foto: Roland Steinwarz)
NABU-Insektenhotel auf Burg Blankenberg. (Foto: Roland Steinwarz)

Leider scheint aber die Optik oft wichtiger zu sein als der praktische Nutzen, und so sieht man häufig sinnloses Füllmaterial, insbesondere bei im Handel angebotenen Insektenhotels. Zum Beispiel sollen Kiefernzapfen für Ohrenkneifer dienen, doch sind diese erstens nicht bedroht und zweitens nutzen sie die Zapfen fast nie, sondern finden in allerlei Ritzen von Mauern und am Boden bessere Verstecke. Natürlich sind Kiefernzapfen billig, und so wird oft auf diese zurückgegriffen.

Bei der Wahl des Nistmaterials sollte man sich daher über die Insekten informieren, die gefördert werden sollen. Hierzu stellen wir Ihnen folgend einige Beispiele zusammen.

 

Sinnvolle Materialien:

 

Röhren aus pflanzlichem Material stellen eine wichtige Nisthilfe für solitär lebende (nicht staatenbildene) Wildbienen und Wespen dar. Viele der rund 560 in Deutschland vorkommenden Bienenarten nutzen von Natur aus verlassene Bohrgänge von Käferlarven in totem Holz, weswegen der Erhalt von stehendem Totholz in Wäldern sehr wichtig ist. Da dieses in unserer Kulturlandschaft und Siedlungen aber rar ist, sind Nisthilfen für diese Insekten umso bedeutsamer.

Die Röhren können z.B. aus aufgeschnittenem Bambus, Schilf und anderen hohlstängeligen Pflanzen wie Brennesseln, Bärenklau oder Japanischem Staudenknöterich bestehen. Die Röhren sollten eine Länge von mindestens 8 cm aufweisen, da die Bienen und Wespen mehrere Brutkammern hintereinander anlegen. Der Duchmesser sollte zwischen 3 und 12 mm liegen. So finden alle Arten die für sie passende Größe. Auch wichtig: alle Niströhren müssen Rückseitig geschlossen sein! Bei einigen Pflanzen wie Bambus lässt sich dies durch die Knoten zwischen den Segmenten der Halme erreichen, offene Röhren sollten an der Rückwand des Hotels anliegen.

 

Einige Bienenarten bevorzugen Halme und Zweige, die mit Mark gefüllt sind. Hierfür eignen sich vor allem Holunder und einige Bambussorten.

 

Eine weitere Möglichkeit bieten in Holz gebohrte Löcher. Optisch ansprechend sind oft Bohrungen ins Stirnholz von Holzscheiben. Wegen der Rissbildung sind Bohrungen ins Querholz aber besser. Wichtig ist jedoch, dass möglichst wenig Fasern und Splitter in den Löchern bleiben, da diese die Bienen verletzen können. Vereinzelte Fasern entfernen die Bienen durchaus selbst. Auch hier gelten wieder die obigen Maße: min. 8 cm tief, 3-12 mm Durchmesser. Nicht durchbohren! Nadelholz (Fichte, Tanne, Kiefer, Lärche, Douglasie) ist übrigens ungeeignet, weil es Harz enthält, dass den Insekten schadet. Nutzen Sie daher Laubholz.

 

Stroh, Heu und Moos bietet vielen Insekten wie Ohrenkneifern und Käfern einen Unterschlupf, manche Schmetterlinge überwintern hier, und einige Arten nutzen die Strohhalme als Niströhren. Hiermit lassen sich auch frei gebliebene Lücken im Insektenhotel füllen.

 

Steine sind für viele Insekten ebenfalls interessant, wie die Familie der Mauerbienen zeigt (die übrigens oft auch in Holz brüten). Ganz leicht ist es, in Gasbetongsteine (auch bekannt nach dem Hersteller YTONG, früher HEBEL) Löcher zu bohren, da dieses Material sehr leicht ist. Hierfür kann man sogar stumpfe Holz- und HSS-Bohrer nutzen, wenn man keine Stein- oder Betonbohrer zur Hand hat. Wer möchte, kann die evtl. wenig ansehnlichen Steine mit Lehm anstreichen, wodurch sie deutlich natürlicher wirken. Aber auch alte Ziegel und Pflastersteine funktionieren mit dem richtigen Werkzeug. Lochgrößen wie gehabt.

 

Lehm stellt ebenso einen Lebensraum dar, weswegen z.B. Lehmgefache von Fachwerkhäusern wertvoll sind. Für ein Insektenhotel kann man Lehm in einer passenden Form mit Wasser und Stroh mischen, einge Löcher hineinstechen und trocknen lassen.

 

Viele Strangfalzziegel bieten mit ihren Löchern ebenfalls Brutraum, wegen der gleichmäßigen Größe aber nur wenigen Arten. Zum Decken des Insektenhoteldachs sind sie natürlich sehr passend, ebenso für Gartenhaus und Co.

Gehörnte Mauerbiene an Bambusröhren (Foto: Roland Steinwarz)
Gehörnte Mauerbiene an Bambusröhren (Foto: Roland Steinwarz)
"Lehm-Mine" von Mauerbienen. Beim Material für den Verschluss der Niströhren sind sie offenbar wählerisch. (Foto: Roland Steinwarz)
"Lehm-Mine" von Mauerbienen. Beim Material für den Verschluss der Niströhren sind sie offenbar wählerisch. (Foto: Roland Steinwarz)

 

Unsinnige Materialien:

 

Die bereits erwähnten Kiefernzapfen kann man bei großen Insektenhotels in strukturarmer Umgebung gern mitnutzen, in kleineren Insektenhotels sollten jedoch Nisthilfen für bedrohte Arten wie den Wildbienen Vorrang haben. Zudem nutzen Ohrenkneifer, kleine Käfer und auch Spinnen (letztere sind keine Insekten!) gern die Niströhren oder Stroh als Wohnung.

 

Röhren, die zu klein, zu groß oder alle gleichgroß sind, bieten weniger Insektenarten Brutraum. Daher sollte auf möglichst unterschiedlich große Lochöffnungen geachtet werden. Ganz schlecht sind Brutröhren aus Kunststoff, da hier kein Austausch von Feuchtigkeit und Luft stattfindet und somit die Brut erstickt oder verpilzt.

 

Hohlkammerziegel werden oft genutzt, bieten mit ihren meist eckigen und viel zu großen Löchern aber kaum Insekten Unterkunft.

 

Bei vielen erwerblichen Insektenhotels finden sich leere Räume mit spaltförmigem Eingang, die Schmetterlingen als Winterquartier dienen sollen. Vielleicht nutzen diese hin und wieder das Angebot, doch genauso überwintern Schmetterlinge in diversen Ritzen und Hohlräumen, z.B. unter Dächern, in Gartenhäusern und Holzstapeln. Da sie dabei nicht sonderlich wählerisch sind, ist auch hier die Hilfe weniger notwendig.

Werden sie kreativ

Das Basteln macht besonders Kindern Spaß; und den kleinen Tieren schließlich bei ihrer eifrigen Arbeit zuschauen zu können, mit dem Wissen, etwas gutes getan zu haben, macht einfach Freude.

 

Neben der oben beschriebenden Holzkonstruktion es gibt noch weitere, teils originelle Möglichkeiten für Insektenhotels, der Fantasie kann man gerne freien Lauf lassen. So können leere Blechdosen mit Bambus oder Schilf gefüllt werden, strohgefüllte Tontöpfe oder Schuhe dienen als Ohrenkneiferwohnung. Auch alte Baumstümpfe bzw. aufgestellte Stämme können mit Löchern zum naturnahen Insektenhotel gemacht werden. Manch einer hat bereits die Wand seines Gartenhauses oder Carports zum XXL-Insektenhotel umfunktioniert.

 

Und wem all das zu viel ist, der sollte zumindest beim Kauf seines Insektenhotels auf sinnvolle Materialien achten.

Gasbetonstein zuschneiden und verschieden große Löcher hineinbohren. (Foto: Roland Steinwarz)
Gasbetonstein zuschneiden und verschieden große Löcher hineinbohren. (Foto: Roland Steinwarz)
Eine leere Blechdose wurde mit Schilf gefüllt zum Insektenhotel (Foto: Roland Steinwarz)
Eine leere Blechdose wurde mit Schilf gefüllt zum Insektenhotel (Foto: Roland Steinwarz)
Mit selbst gemischter Lehm-Farbe angestrichen sieht der Stein natürlicher aus. Er bildet das Zentrum im Insektenhotel ganz oben. (Foto: Roland Steinwarz)
Mit selbst gemischter Lehm-Farbe angestrichen sieht der Stein natürlicher aus. Er bildet das Zentrum im Insektenhotel ganz oben. (Foto: Roland Steinwarz)

Eine alte Holzkiste mit Bambus gefüllt; lehmverputzter Gasbetonstein mit Löchern; Giebel gefüllt mit gebohrter Holzscheibe, Holunderzweigen, hohlen Blumenstängeln, Stroh. Links ein Bündel langer Bambusröhren, rechts Topf mit Stroh. (Foto: R. Steinwarz)
Eine alte Holzkiste mit Bambus gefüllt; lehmverputzter Gasbetonstein mit Löchern; Giebel gefüllt mit gebohrter Holzscheibe, Holunderzweigen, hohlen Blumenstängeln, Stroh. Links ein Bündel langer Bambusröhren, rechts Topf mit Stroh. (Foto: R. Steinwarz)
Einfache Konstruktion ähnlich einem Vogel-Nistkasten (Foto: Roland Steinwarz)
Einfache Konstruktion ähnlich einem Vogel-Nistkasten (Foto: Roland Steinwarz)
Bei den Niströhren sind Gehörnte Mauerbienen wenig wählerisch: Sind sie einmal im Garten, muss man aufpassen... (Foto: Roland Steinwarz)
Bei den Niströhren sind Gehörnte Mauerbienen wenig wählerisch: Sind sie einmal im Garten, muss man aufpassen... (Foto: Roland Steinwarz)