Die Schwalbenbeauftragte Wiebke Dallmeyer-Böhm gibt Tipps, wie man den Tieren helfen kann
Von Inga Sprünken (Generalanzeiger Bonn, 09.06.2020)
RHEIN-SIEG-KREIS. Im Hof ist eine riesige Wasserlache. Doch die reicht nicht, wie Wiebke Dallmeyer-Böhm erklärt. „Besser sind Pfützen aus Lehm“, erklärt die Schwalbenbeauftragte des Naturschutzbund (NABU) Rhein-Sieg dem Biobauern Simon Darscheid. Dessen landwirtschaftlichen Betrieb hat sie im vergangenen Jahr mit der Plakette „Schwalbenfreundliches Haus“ ausgezeichnet.
„Wir hatten zwölf Nester“, erzählt Darscheid. Aus den Pfützen holen Rauch- und Mehlschwalben das Material für ihre Nester. Diese stellen die als Glücksboten bekannten Vögel aus unzähligen kleinen Lehmkügelchen her, die sie aneinanderkleben und trocknen lassen. So ist nicht nur die Trockenheit ein Problem für die kleinen Flugkünstler, die ab Mitte März aus dem Süden zurückkehren, um hier ihre Brut großzuziehen. Auch der Einsatz von Pestiziden und das damit verbundene Insektensterben sind Dinge, mit denen die nützlichen Tiere zu kämpfen haben.
„250 000 Insekten verfüttert ein Schwalbenpärchen an seine Jungen“, erklärt Dallmeyer-Böhm, die seit zweit Jahren den Bürgern im Rhein-Sieg-Kreis für Fragen rund um Schwalben zur Verfügung steht. Zu ihren Aufgaben gehört zudem die Verleihung der NABU-Plakette „Schwalbenfreundlliches Haus“. 24 Anträge auf Ausstellung hat sie seither bearbeitet und ist dafür 420 Kilometer gefahren.
Für Tiere und die Natur engagiert sich die 69-Jährige schon länger. 2013 begann sie für die Wildtierstiftung mit dem Ansitz auf Rotwild in der Wahner Heide. „Das war das Geschenk meines Lebens“, schwärmt die Grafik-Designerin und Fotografin. Die dabei aufgenommenen Fotos stellte sie in der Burg Wissem aus, wo sie auch Vorträge über das Verhalten der Tiere hielt. In einem vor zwei Jahren erschienenen Bildband fasste sie alles zusammen. 2014 kam sie zum NABU, bei dem sie die Gestaltung des Jahresprogramms übernahm, bevor sie zur Schwalbenbeauftragten ernannt wurde.
Seit einem halben Jahr kümmert sie sich auch um Fledermäuse. Das erste Tier, das ihr gebracht wurde, ist jedoch nach wenigen Tagen gestorben, es hatte einen eingerissenen Flügel. „Vermutlich ist es von einer Katze gerissen worden“, sagt die gebürtige Pinnebergerin, die sich zusätzlich in einem Seeadler-Schutzprogramm in ihrer norddeutschen Heimat engagiert.
Das Wissen über die Schwalben, die als Kulturfolger gelten, hat sie sich angelesen. Unterschieden werden die beiden heimischen Arten durch die Form ihres Schwanzes, der bei den Mehlschwalben nicht so tief gegabelt ist, wie bei den Rauchschwalben. Letztere haben zudem eine braunrote Kehle und nisten nur innerhalb von Gebäuden (Ställen, Garagen). Mehlschwalben indes bauen ihre kugelförmigen Nester unter Dachfirste. „Viele Neubauten haben allerdings einen zu glatten Putz, als dass die Nester daran halten könnten“, erklärt die Ehrenamtlerin. Darum unterstützt sie Hauseigentümer auch beim Anbringen von Kunstnestern.
„Schwalben kommen jedes Jahr wieder. Sie sind eine geschützte Art, das Entfernen ihrer Nester ist eine Ordnungswidrigkeit“, so die Henneferin. Wer sich durch den Kot beeinträchtigt fühle, könne sogenannte Kotbrettchen anbringen. „Für die Rauchschwalben, die sich in Ställen oder Garagen eingenistet haben, sollte darauf geachtet werden, dass Fenster geöffnet bleiben, sodass sie jederzeit rein- und rausfliegen können“, erklärt sie. Helfen könne man den Tieren auch, indem man neben Lehmpfützen und Tränken für blütenreiche Gärten oder ungemähte Stellen sorge, die Insekten anlocken, so Wiebke Dallmeyer-Böhm.
Bei Fragen kann man sich über das Kontaktformular Schwalbenfreundliches Haus an sie wenden.
Erfolgreiches Artenschutzprojekt
Eine Plakette für Schwalbenfreundlichkeit
Die Plakette „Schwalbenfreundliches Haus" verleiht der NABU seit 2010. Damals gab es rund 400, 2011 waren es schon 600, 2012 mehr als 650 Auszeichnungen. Damit ist die Aktion des NABU NRW und seiner Kreis- und Stadtverbände eins der erfolgreichsten landesweiten Artenschutzprojekte.
2013 standen die Rauchschwalben, die vor allem in den Ställen landwirtschaftlicher Betrieben nisten, im Fokus. Seit 2014 liegt die Aktion in den Händen der NABU-Schwalbenschützer vor Ort. Die Kampagne läuft bis heute. Das Antragsformular kann man sich herunterladen: Zum Antragsformular
Text und Bild aus dem Generalanzeiger Bonn, 09.06.2020